CDU Antrag auf ganztägig 30 km/h für "besonders betroffene Gebiete" vom Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt.

In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 19.11.2019 stand der Lärmaktionsplan ( LAP ) zur Abstimmung.

Grundlage dieses Planes ist die Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG, die Städte und Gemeinden dazu verpflichtet, alle 5 Jahre ein Lärmgutachten über die Lärmbelastung der Bürger und entsprechende Lärmkarten zu erstellen, um daraus nötige Lärmschutzmaßnahmen ableiten zu können. 2017 wurde ein Ingenieurbüro mit der Erstellung aktualisierter Lärmkarten beauftragt und Vorschläge zur Lärmreduzierung zu erarbeiten.

"Auf den Lärmkarten aufbauend werden Lärmaktionspläne mit Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet. Die Öffentlichkeit ist zu beteiligen und erhält unter anderem rechtzeitig und effektiv die Möglichkeit, an der Ausarbeitung und Überprüfung der Lärmaktionspläne mitzuarbeiten. Lärmaktionspläne sind mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen und bei Bedarf zu überarbeiten." So schreibt es das Gesetz vor.

Zur Beteiligung der Öffentlichkeit gehören nicht nur Bürger sondern auch z.B. das Verkehrsamt, die Polizei und Busunternehmen.

Aus den aktualisierten Lärmkarten ergaben sich für das Stadtgebiet bestimmte Bereiche mit erhöhter und "besonderer Lärmbelastung", welche als gesundheitsschädlich eingestuft werden.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit am Entscheidungsprozess beschränkte sich "nur" auf die öffentliche Auslegung der Lärmkarten mit der Möglichkeit von Eingaben und Vorschlägen.
Vorstöße aus Reihen der CDU, die Bevölkerung stärker durch z.B. Informationsveranstaltungen einzubeziehen, stießen meist auf wenig Gegenliebe.
Die Resonanz auf die öffentliche Auslegung tendierte gegen Null, was auch Fragen zum wirklichen Bürgerinteresse aufwirft, wenn auf der anderen Seite aus der Bürgerschaft oft Stimmen wegen "mangelnder Bürgerbeteiligung" zu hören sind.
Die Lärmkarten ergaben für den Stadtteil Bochingen besonders hohe, als gesundheitsschädlich einzustufende Lärmbelastungen, die als Lärmschutzmaßnahme eine ganztägige Reduzierung der Geschwindigkeit auf der Balinger Strasse auf 30 km/h erforderlich gemacht hätte.
Das Ingenieurbüro musste aber aufgrund von Einwänden aus dem Verkehrsamt und von Busunternehmen die Maßnahmen nur auf die Nacht von 22.00 - 06.00 Uhr beschränken, sodaß sich in der Beschlussvorlage für ganz Oberndorf nur eine nächtliche Geschwindigkeitsreduzierung ergab.

In den Sitzungen der Ortschaftsräte zur Beschlussvorlage ergaben sich dann auch unterschiedliche Beurteilungen und Beschlüsse zur Beschlussvorlage.
Nach engagierter Diskussion und auch wohl auf Basis EINER Eingabe aus der Bochinger Bevölkerung beantragte der Ortschaftsrat Bochingen z.B. durch Mehrheitsbeschluss als Zusatz zur aktuellen Beschlussvorlage eine ganztägige Beschränkung der Geschwindigkeit auf 30 km/h auf der Balinger Strasse.
Die Grundlage für diese Entscheidung ist auch ein Gerichtsurteil, welches für Lärmaktionspläne eine "besondere Berücksichtigung besonders betroffener Bereiche" vorsieht.

Hierin heißt es :

„Bei der Ermessensausübung im Rahmen der Lärmaktionsplanung ist
besonders zu berücksichtigen, dass nach der Lärmwirkungsforschung Werte ab
65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht im gesundheitskritischen Bereich
liegen (vgl. BadenWürttemberg, Urteil vom 17. Juli 2018, 10 S 2449/17, Rn.
36)."

Die Balinger Strasse durch Bochingen ist von diesem Umstand durch die festgestellten Meßwerte ganztägig besonders betroffen und müsste dementsprechend besonders berücksichtigt werden.

Andere Ortschaftsräte stimmten der bestehenden Beschlussvorlage ( Nur nächtliche Gechwindigkeitsreduzierung )in der Ursprungsform zu.

In der gestrigen finalen, öffentlichen Gemeinderatssitzung zur endgültigen Beschlussfassung konnten sich die 5 Gemeinderatsmitlieder der CDU mit ihrem Antrag auf ganztägige Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30km/h bei den besonders betroffenen Gebieten leider nicht durchsetzen.
Begründungen aus dem Verkehrsamt , wegen befürchteter Verkehrsverlagerungen und von dem Busunternehmen befürchteter, Fahrzeitverlängerungen ( nur ca. 30 Sekunden mehr in Bochingen !!! ) sowie gesamtstädtische Überlegungen hatten für die Mehrheit der Gemeinderäte offensichtlich einen höheren Stellenwert, als die Gesundheit der betroffenen Bürger, was den Ansatz eines Lärmaktionsplanes, der den Schutz der Bürger vor gesundheitschädlichem Lärm zum Ziel hat, nicht in allen Bereichen gerecht wird.

Um den LAP nicht zu gefährden und zumindest für die Nacht eine Lärmreduzierung zu erwirken ( Einwand Martin Karsten ( CDU ): "Nachts bringt die Temporeduzierung aber effektiv nichts" ) stimmten auch die CDU Gemeinderäte am Ende der Beschlussfassung zu.

Entschieden ist aber noch nichts, da es sich um einen Antrag handelt, denn die Verkehrsbehörde muss dem erst noch zustimmen.

Ob der Gemeinderat insgesamt dem Sinn und Zweck eines LAP mit seiner Entscheidung voll umfänglich gefolgt ist, muss der Bürger beurteilen. Denn er wird von dieser Entscheidung direkt betroffen sein.

Wirksame Lärmschutzmaßnahmen bleiben vorerst beim Bürger hängen, denn er kann/soll bei der Stadt Zuschüsse für z.B. Lärmschutzfenster beantragen.

Der Schwabo berichtete auch über dieses Thema:
Tempo 30 nur nachts vorgesehen

Text/Gestaltung: Hartmut Rißmann
Quellen: Schwabo, CDU

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